Vorschau: Die Olympischen Turnwettbewerbe:                         > Vorschau Männer

(2) FRAUEN-Mannschaftskampf:
Dreikampf zwischen Rumänien, USA und Russland...?
Zwischen Sydney 2000 und der WM Anheim 2003 hat es schon einige, fast erdrutschartige Veränderungen gegeben. Wer hätte denn vor der Qualifikations-WM vorhergesagt, dass das Silberteam Russland - damals den Rumäninnen nur um 2 Zehntel unterlegen und sich vor den Chinesinnen mit knapp 4 Zehnteln auf Rang 2 rettend, zur WM hinter Spanien auf Rang sechs einkommen würde...?

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Goldene US-Girls, WM 2003

<< Rumänien:
Olympiasiegerinnen Sydney 2000

Manche werden sich noch an das eines Olympia-Teamkampfes unwürdige Wertungsdrama erinnern, als da die Rumäninnen die Arena längst verlassen hatten und per Computer mitbekamen, dass sie die Goldmedaille gewonnen hatten... zum zweiten Mal in der Geschichte seit 1984!
Oder wer glaubte zuvor, dass doch die zu Hause in Sydney mit ihrem 7. Platz ziemlich unglücklichen Australierinnen mit dem "Bronzenen Wunder von Anaheim" ihre zielstrebige Entwicklung seit ihrem olympischen Erscheinen 1992 kontinuierlich fortsetzen würden?

Allerdings waren dass im Vorjahr nur hauchzarte 0,076 Punkte (!) vor den ebenfalls aufstrebenden Chinesinnen, und wer die im Frühjahr beim Schnupperkurs der Pre-Olympics gesehen hatte, bemerkte eine ungewöhnlich selbstbewusste Mädchen, mit riesigem, technischem Können, denen durchaus wieder Medaillenchancen einzuräumen sind (Bronze 2000).

<< ... zu den Pre-Olympics erschien eine ungewöhnlich selbstbewusste, lockere und medienfreundliche chinesische Mannschaft!

Rehabilitieren sich die Russinnen für die Schmach von Anaheim...? Mit Swetlana Chorkina, die ihre dritten Spiele bestreitet und mit Doppelolympiasiegerin Jelena Samolodschikowa sind noch zwei Turnerinnen aus dem Sydneyteam dabei. Jeschowa, Pawlowa, Ziganschina sind Weltklasseturnerinnen mit bereits erheblichen Erfahrungen und Meriten...!
Rumänien bietet ein komplett neues Olympiateam auf, aber Ban, Ponor und Rosu sind auch keine heurigen Hasen - zuletzt holten sie in Amsterdam den EM-Titel.
Alles deutet daraufhin, dass die US-Girls nach ihrer Gold-Medaille zur WM nun erneut zum Dream-Team 2004 aufsteigen und als "Golden Girls" aus Athen zurückkehren wollen. Allerdings ist von Ihrem WM-Goldteam des Vorjahres nur noch Vize-Weltmeisterin Carly Patterson im Athen-Aufgebot dabei.
Bei den Aussies haben Allana Slater und Monette Russo WM-Erfahrung; erstere stand bereits im Olympiateam vor 4 Jahren!
Die Spanierinnen sind wiedererstarkt und die Brasilianerinnen erstmals als Mannschaft mit dabei, und auch auf die Teamleistung von Vize-Europameister Ukraine darf man - nach 5. und 6. Plätzen zuletzt - wieder im Medaillenkampf gespannt sein.

Nach dem Testlauf des Mannschaftskampfes im März diesen Jahres in Athen bei den Pre-Olympics, muss man sich allerdings vor dem Prozedere dieses Team-Wettkampfes fürchten, zogen doch da in ziemlich steriler, weil versetzt turnender, Weise die Länderbesatzungen von Gerät zu Gerät und niemand auf den Rängen vermochte daraus auch nur die Spur eines Hauches von Spannung eines Sportwettkampfes abzulesen.
(Dies gelang im Team-Wettbewerb der letzten Europameisterschaft wesentlich besser!)


Rückblicke: TEAMS, Frauen

< Sydney 2000 < WM Anaheim 2003 < EM Amsterdam 2004
 
FRAUEN-Mehrkampf, Krone Olympias!
Was vermag die Chorkina...?
Der "Dopingskandal" von Sydney, der eigentlich gar kein richtiger war und die betroffene Rumänin Andreea Raducan zu Hause eher zur Heldin machte, kürte im Nachhinein Simona Amanar am Ende zur Mehrkampfsiegerin vor ihrer Landsfrau Maria Olearu... rumänische Dominanz damals vor vier Jahren.
Die beste Russin Elena Lobasnjuk medaillenlos auf Rang 4, nachdem die Chorkina ausgerechnet an ihrem Spezialgerät Stufenbarren gepatzt hatte... Geschichte.

Die russische Diwa rehabilitierte sich dann 2003 ausgerechnet in der "Höhle der Löwinnen" und setzte sich in Anaheim gegen Carly Patterson (USA) und die Chinesin Zhang, Nan durch.... auch Geschichte!

Zur EM in Amsterdam ging bei Chorkina der Sprung daneben, aber am Ende einer der beeindruckendsten Turnkarrieren der turnerischen Neuzeit, wäre ihr schon Endlich mal das große Ding zu gönnen, wenn sie allerdings absolut fehlerlos bliebe. Aber da gibt es ja die erbsenzählerischen Mechanismen des Code de  Pointages, der gnadenlos selektiert und da haben nun mal die dynamischen jungen Turnerinnen, die mit ihren grazilen Körpern den biomechanischen Kennlinien am nächsten kommen einen rechnerischen und technischen Vorteil. Auch einen ästhetischen, denn technisch gut turnen sieht auch elegant aus. 
Aber alles Technische allein sollte nicht die Werte der Reife, Eleganz und Persönlichkeit einer jungen Frau in den Mitzwanzigern wegturnen können - zumindest sollte auch das ein wertbares weil wertvolles Äquivalent beim Beurteilen der olympischen Güte und Reife sein.
Bleibt zu hoffen, dass daran die Kampfrichterinnen nicht scheitern und Entscheidungen für die Zukunft des Frauenturnens treffen....!

Also Chorkina, Patterson, Gomez, Zhang, Ban oder Kositsch....? 
Manches wird davon abhängen wer von ihnen den vollen Mehrkampf in der Qualifikation turnt und wer davon dann zweimal die Kür seines Lebens ohne Fehl und Tadel zum Höhepunkt der Karriere präsentieren kann...!
Ob und inwieweit Einzelturnerinnen eine Mehrkampffinalchance haben bleibt abzuwarten.

Mit besonderer Aufmerksamkeit wird man allerdings den vierten Olympiaauftritt der Oksana Tschusowitina beobachten. Die jetzt 29-Jährige (!) wurde mit 15 Jahren schon 1991 Bodenweltmeisterin und mit dem letzten UdSSR-Team der Geschichte holte sie in 1992 Barcelona Gold. Aber noch interessanter stehen ihre Chancen in den Gerätefinals....


Rückblicke: MEHRKAMPF, Frauen < Sydney 2000 < WM Anaheim 2003 < EM Amsterdam 2004
 
FRAUEN: Geräte-Titel - Schafft Tschusowitina das Sprungwunder...?
>> Sprung:
Hier hatte sie in Anaheim noch einmal Zeichen gesetzt und wurde mit 28 Jahren Weltmeisterin. Der neue Sprungtisch, der nun auch als niederländisches Model "PEGASES" seine Olympiapremiere erlebt, liegt der Powerfrau Oksana Tschusowitina aus Taschkent (Foto >)
Sie hat extra für Athen an zwei Zehnersprüngen gearbeitet... Voraussetzung allerdings - sie müssen gelingen! 

Rosu (ROM), Pawlowa (RUS), auch Titelverteidigerin Samolodschikowa (beide RUS) oder auch die Überraschungs-Vize-Weltmeisterin aus Nordkorea Kang, Yun Mi sind harte Konkurrentinnen.
Zu wünschen wäre dieser olympische Goldtraum der sympathischen Mutter aus Taschkent, die einen ebenso harten und konsequenten Kampf um die Gesundheit ihres an Leukämie erkrankten Sohnes Alisher führt, von ganzem Herzen!

>> Stufenbarren

Seit über einem Jahrzehnt ist das nun schon so. Wo Chorkina am Stufenbarren turnte, wurde sie Siegerin - oder hätte es sein können, wenn sie nicht überraschend einen Fehler machte.
Zuletzt allerdings fiel es ihr zunehmend schwerer, mit der "Leichtigkeit des Seins" der um fast 8 - 10 Jahre jüngeren Konkurrentinnen mitzuhalten. Die Britin << Elisabeth Tweddle kam ihr da zur EM in Amsterdam ziemlich nahe. 

Und nahezu jede Chinesin, die antritt gaukelt die scheinbare Schwerelosigkeit oder Leichtigkeit zwischen unterem und oberem Holm vor... denn Eleganz und Ästhetik hängen an diesem Gerät - viel mehr als am Boden - von den nüchternen Zahlen der Biomechanik ab: Gewicht, Winkelgeschwindigkeit, Körpergröße ... denn Kraft ist hier eben unerbittlich Masse mal Beschleunigung.  Wer erfüllt diese Kriterien am olympischen Stufenbarren am ehesten...?

>> Schwebebalken:

Eigentlich ist dieses Gerät seit Jahren schon in chinesischer Hand, ob das nun die Kampfgerichte in jedem Falle anerkannten oder nicht: Die chinesische Balkenschule zelebriert auf diesen 10 Zentimetern Breite die atemberaubendste, weil schwierigste und technisch perfekteste Akrobatik. Das belegen nicht nur der letzte Olympiasieg von LIU, Xuan und der letzte WM-Titel von FAN, Ye - und Letztere ist nach Athen gereist, um Olympiasiegerin zu werden, auch wenn ihr Europas beste Turnerinnen, wie die Rumäninen Ponor und Eremia (EM-Doppelerfolg vin Amsterdam) - auch die elegante Chorkina - das Leben sicher schwer machen werden.

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>> Boden:  
In Rio wäre bestimmt der Teufel los, wenn die kleine energische Daiana dos Santos aus Brasilien (Foto >)
etwa eine erste olympische Medaille holen würde. Zuzutrauen ist dies diesem Wirbelwind durchaus, die im Vorjahr erste Turn-Weltmeisterin ihres Landes, ja des Südamerikanischen Teilkontinents wurde. Doch auch hier setzt die rumänische Akroschule keine Geringere als Vize-Weltmeisterin und Europameisterin Catalina Ponor dagegen. 

Auch Ex-Weltmeisterin Elena Gomez aus Spanien wird in Höchstform auflaufen und auch auf die unverwechselbare Eleganz der Swetlana Chorkina in ihrer letzten, der Abschiedskür nach einer langen Laufbahn darf man gespannt sein.

Vieles ist möglich, manches wird von Tagesform, auch vom Quentchen Glück abhängen, aber gerade deshalb werden die olympischen Turnwettbewerbe wieder das Spannendste bieten, was man in Athen bei Olympia zu sehen bekommt.
Eckhard Herholz, GYMmedia


Rückblicke: GERÄTE, Frauen < Sydney 2000 < WM Anaheim 2003 < EM Amsterdam 2004

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