Aus Sportbild vom 19.5. 2004
DER DTB HAT KEIN KONZEPT'

'Nach dem EM-Debakel der deutschen Turnerinnen rechnet Teamchefin Nissinen mit dem Verband ab'
- von Theresa Ludwig

Die Aussage - hart, aber wahr. Denn die deutschen Turnerinnen blamierten sich bei den europäischen Titelkämpfen Ende April in Amsterdam (Holland) erneut. Platz 12 im Mannschaftswettbewerb, das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren, ließ keine Freude aufkommen.
Schon gar nicht bei Teamchefin Dr. Petra Nissinen (41). Nach dem EM-Debakel gibt sie jedoch nicht den Mädchen die Schuld, sondern ihrem Arbeitgeber: dem Deutschen Turnerbund (DTB). "Seit zwei Jahren gibt es viele Querelen mit dem Verband. Bei mir verstärkt sich der Eindruck, dass der Verband nicht weiß, ob er das Frauenturnen fördern will oder nicht. Es fehlt ein langfristiges Konzept, vielleicht auch das Interesse."
Petra Nissinen, seit 2001 Teamchefin, geht ins Detail:
"Es fehlt an qualifizierten Trainern. Die Koordination zwischen Training und Schule ist schlecht. Oft können nur die Mädchen vormittags trainieren, die gute Schulnoten haben. Der wöchentliche Trainingsumfang liegt bei knapp 25 Stunden. Die Weltspitze trainiert jedoch über 30 Stunden."

So dramatisch wie Nissinen sieht DTB-Präsident Rainer Brechtken (57) die Situation nicht:
'Das Frauenturnen steckt nicht in einer Krise.
Derzeit wird ein Konzept ausgearbeitet, um den Nachwuchs besser zu fördern. Dazu gehört ein Finanzkonzept, in das regionale Förderer einbezogen sind. Die Gespräche laufen' erklärt Brechtken. 'Nach Olympia werden wir uns erneut zusammensetzen, da wird auch Petra Nissinen einbezogen sein. Jetzt gilt es sich darauf zu konzentrieren, zwei starke Einzel-Turnerinnen nach Athen zu schicken'.
Quelle: Sportbild, Ausg. 19-05-2004.

Frauenwettbewerb
'Endlich ein Wettkampf, bei dem ich (fast) nicht meckern kann,', so freute sich ein zufriedener Trainer Dieter Koch über die Leistung seines Schützlinges Yvonne Musik, die mit 35,975 Punkten die 36er-Grenze fast erreichte...
Tatsächlich absolvierte Yvonne - trotz großen psychischen Drucks - den Vierkampf souverän und nahezu fehlerfrei, während ihre Konkurrentinnen gleich am ersten Gerät ins Straucheln gerieten.
So patzte die Kölnerin Lisa Brüggemann am Stufenbarren bei Unterschwung, halbe Drehung, und Birgit Schweigert hatte gleich zu Beginn der Übung akute Probleme beim Sprung in den Handstand und überstach in Filge die freie Felge mit halber Drehung, so dass sie noch vorm Jägersalto das Gerät unfreiwillig verlassen musste.
So kamen beide Turnerinnen nie richtig in Tritt, obwohl sie doch gute Balkendurchgänge anboten. Ziemlich hart wurde dort Birgit Schweigert allerdings genommen, als man ihr eine nicht ganz ausgedrehte (ß) Doppelschraube nicht als D-Teil anerkannte, was zu einer Schwierigkeits- und Verbindungs-Aberkennung von in der Summe drei Zehnteln führte.
Heike Gunne war eigentlich gut in den Wettkampf gestartet, doch dann kam das Aus am Boden, als sie einen Doppelsalto-gestreckt mit viel zu viel Vorlage landen musste und sich schmerzlich die Gelenke überdehnte, den Wettkampf unfreuwillig beenden musste und wohl aus dem Olympiarennen um die beiden Einzeltickets heraus ist...
Lisa Brüggemann patze dann noch am Boden beim Doppel-Twist-gebückt, war einmal außerhalb der Fläche und wird sich nun mit Birgit Schweigert und einer Differnt von nur 0,125 Punkten heftigst um das zweite Fahrkarte nach Athen streiten müssen. Zumindest in dieser Hinsicht werden die Deutschen Meisterschaften Anfang Juni in Chemnitz spannend...

>> Ergebnisse, Frauen-Mehrkampf

Erneut kämpferisch trat der Stuttgarter Thomas Andergassen auf, und quälte sich trotz eines erst vor wenigen Tagen erlittenen Muskelfaserrisses durch den Wettkampf und hielt sich achtbar im Rennen.
Erfreut war Trainer Hirsch dagegen über eine wiederholte und für Olympia durchaus mannschaftsdienliche Mehrkampfleistung des Cottbusers Robert Juckel, und darüber, dass sich zwei weitere Turner, die sich geraume Zeit nicht im Nationaltrikot präsentieren hatten, wieder zurückgemeldet haben: Der Hallenser Christian Berczes als Bester des heutigen Mehrkampfes (53,900) und der Hannoveraner Sergei Pfeifer als Vierter hinter den punktgleichen Juckel und Fabian Hambüchen (53,800), auch wenn Pfeifer an Reck und Sprung seine bekannten Schwächen noch nicht verdecken konnte.

Olympia-Qualifikation des DTB, Männer
- Endstand: MEHRKAMPF
1. Christian Berces, SV Halle 53,900
2. Robert Juckel, SC Cottbus 53,00
2. Fabian Hambüchen, TSV Niedergirmes 53,800
4. Sergei Pfeifer, TK Hannover53,650
5. Thomas Andergassen, MTV Stuttgart 53,550
6. Sven Kwiatkowski, KTV Chemnitz 52,950
7. Ronny Ziesmer, SC Cottbus 52,550
8. Eugen Spiridonov, TV Bous 51,625
9. Ren? Piephardt, SC Berlin 51,175
10. Waldemar Eichorn, TV Dillingen 50,950
11.Mathias Fahrig, SV Halle 50,950
12. Tom Neubert, KTV Chemnitz 49,800
13. Jens Uebel, KTV Chemnitz, 49,650
14. Sebastian Faus, SV Halle 48,450
15. Marek Schmidt, KTV Chemnitz 47,500
16. Markus Stumpf, KTV Chemnitz 46,950

>> Ergebnisse, Männer-Mehrkampf

Resultate und Fotos: Norbert Margraf, TSV Nieder-Mörlen

1967 in Tampere (FIN) und zwei Jahre später in Warschau (POL) dominierte er die Europameisterschaften mit dem Gewinn beider Mehrkampftitel und wurde zudem 5-maliger Europameister an den Geräten.
Als erster Turner der Welt führte er an den Ringen das Turnen der langen Schwünge, der Riesenfelgen, mit absolut gestreckten Armen ein, was damals einer 'technischen Revolution' des Turngutes gleichkam und Vorbild für alle nachfolgenden Generationen wurde.

Als Absolvent des berühmten Lenin-Sport-Instituts erwarb er den akademischen Grad eines Trainers und wurde im Verlaufe seiner beruflichen Tätigkeit nicht nur 'Verdienter Trainer der Sowjetunion' sondern mit weiteren hohen staatlichen Auszeichnungen geehrt.
Lange Zeit und bis zuletzt erwarb er sich große Verdienste als Direktor der Turnabteilung des weltberühmten Moskauer 'Dynamo-Turnklubs'. Aus dieser Schule gingen solche herausragenden Athleten wie Alexander Tkatschow, zuletzt Alexei Bondarenko oder Turnerinnen wie Ludmilla Jeschowa und Anna Pavlova hervor....