04. Januar 2016  
Bochum/Witten  
Gerätturnen

Junger Syrer nun Teil des Bochumer Turnzentrums

Mit 14 war Mohammad Eid Krouma syrischer Jugendmeister im Gerätturnen, mit 18 beginnt er nach abenteuerlicher Flucht ein neues Leben im Ruhrgebiet. Zuvor in Damaskus lebend, sollte er ab seiner Volljährigkeit zum Militär eingezogen werden: " ... ich wollte nicht sterben und auch keinen Menschen töten ...", so beschreibt er die Gründe, die ihn schließlich zu seiner Flucht aus Syrien veranlassten. Momentan trainiert er beim früheren georgischen Nationalturner Shalva Dalakishvili und wurde bereits in einem Zweitligakampf des TZ Bochum/Witten (TZB) eingesetzt - beeindruckend, mit welcher Selbstverständlichkeit es gelingt, Integration mit den Mitteln des Sports, des Gerätturnens, in Gang zu setzen, wenn damit auch längst nicht alle Probleme der Eingliederung zu lösen sein: Nikolaj Spiegel hat die besondere Geschichte dieses jungen Mannes aufgeschrieben

Mohammad Eid Krouma: mit Turnen wieder Boden unter die Füße bekommen ...!

Das ist Vergangenheit, gelegentlich noch quälende Erinnerung.
Mohammad hat es geschafft, zunächst nach Lesbos und dann weiter nach Deutschland. Heute wohnt er in einer Flüchtlingsunterkunft in Hattingen, ihm wurde der Aufenthalt bewilligt. Mohammad hat also das Recht, sich in Deutschland zur Durchführung eines Asylverfahrens aufzuhalten. Die Zeit bis zur Entscheidung über seinen dann wohl endgültigen Status jedoch einfach nur abzuwarten, kam für Mohammad nicht in Frage. Er belegte rasch einen Deutschkurs und knüpfte Kontakte zu ehrenamtlichen Mitarbeitern der Flüchtlingsunterkunft. Diese wiederum entdeckten schnell die Begeisterung des jungen Syrers für den Sport, insbesondere für das Kunstturnen.

Zerstörungen in Damaskus

Aber der Weg in den deutschen Westen sollte ihm noch einige weitere Anstrengungen abverlangen. Durch Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich führte ihn seine Route, bis er schließlich, nach einem kurzen Zwischenstopp in München, im Ruhrgebiet eintraf - und schon bald wieder an den Turngeräten zu finden war. „Er hat zu Beginn noch in Hagen trainiert, war dort aber völlig unterfordert. Er ist extrem zielstrebig und hat uns damit alle sehr beeindruckt“, erinnert sich der erste Vorsitzende des Turnzentrums Bochum/Witten (TZ), Dietrich Spiegel, an seine erste Begegnung mit dem jungen Syrer.
Mohammad wurde daraufhin sofort in den noch laufenden Ligabetrieb eingebunden. „Er ist mit uns zum letzten Zweitligawettkampf gefahren und hat auch an zwei Geräten geturnt. Er passt sehr gut ins Team“, sagt der Liga-Koordinator des TZ, Peter Dekowski.


 

Trainiert wird Mohammad Eid Krouma aktuell vom ehemaligen georgischen Nationalturner Shalva Dalakishvili, der in Mohammad viel Potential entdeckt hat. „Er bringt sehr gute Voraussetzungen mit. Wenn er so weiter trainiert, dann hat er die Chance sehr gut zu werden“, sagt Dalakishvili, der aktuell bis zu sechsmal wöchentlich mit Mohammad in der Halle steht. Der hat sich schon einige ambitionierte Ziele vorgenommen: „Ich möchte einen Schulabschluss machen und auf eigenen Beinen stehen bis ich 25 Jahre alt bin. Und als Turner würde ich am liebsten international für Deutschland antreten.“
Nur eines fehlt Mohammad aktuell noch zu seinem Glück: „Natürlich will ich auch meine Familie nach Deutschland holen, das ist aber leider ziemlich kompliziert."
* - aufgeschrieben für GYMmedia
    von Nikolaj SPIEGEL