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Vera Caslavska, Eisschnellläuferin Martina Sáblíková |
Gott sei Dank - Věra Čáslavská ist wieder zurück ...!So jubelt kurz vor Weihnachten nicht nur die treue Anhängerschaft einer einstigen Welt-Sportlegende, der ehemaligen Kunstturnkönigin Věra Čáslavská:
Es war ein fantastischer Moment am Dienstagabend vor Weihnachten in der tschechischen Haupstadt Prag.
Beim TV-Finale der "51. Sportler des Jahres-Wahl 2009", beim Finale der besten Zehn, betrat eine Welt-Sport-Sportlegende das Podium, die Turnkönigin von Mexiko-City und Weltsportlerin des Jahres, Věra Čáslavská (67) und damit erstmals wieder in die Öffentlichkeit...
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Die Boden-Olympiasiegerin von Mexiko-Stadt: So bezauberte sie in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Publikum ... |
Nach vielen tragischen Momenten in ihrer Familie hatte sie sich nicht nur vom Sport sondern faktisch vom Leben völlig zurückgezogen, war sehr müde, sehr krank.
Kommunikation nach „draußen“ fand nur noch mit sehr wenigen alten Freunden statt, die alle sehr besorgt um ihren Gesundheits- und Gemütszustand waren.
Zur großen Freude nicht nur ihrer Freunde und Fans, sondern der breiten Öffentlichkeit in der Tschechischen Republik, nahm sie vor wenigen Wochen überraschend an einem abendlichen Treffen tschechischer Olympiateilnehmer in Prag teil, wo sie auch mit anderen Sportlegenden, wie Dana Zatopkova, der Gattin der Lauflegende Emil Zatopek oder mit Věra Růþičková von der goldenen Damen-Turnriege des Jahres 1948 zusammentraf. Skisprung-Legende Jiří Raška war dabei und der Ex-Ruderer und jetzige Vorsitzende des Clubs der tschechischen Olympiafreundeskreises, Oldřich Svojanovsky…
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Und am Freitag, den 18. Dezember 2009, konnte man die inzwischen 67-Jährige (li.) bei einer Sitzung des Ministeriums für Bildung, Schule und Sport erleben und dort traf sie u. a. mit der 22-jährigen Eisschnellläuferin Martina Sáblíková (Mitte) zusammen, von der sie sich sehr beeindruckt zeigte ... |
Ihr übergab sie in einer vorweihnachtlichen Geste ein symbolisches Geschenk als „Stafettenstab der Generationen“ und wünschte der jungen Ausnahmeathletin viel Glück. Diese Martina Sáblíková (22) ist bereits 5-malige Weltmeisterin im Eisschnellauf, und obwohl es in Tschechien nicht ein einziges Eisschnellaufstadion gibt, ohne spezielle nationale Förderung dieser Disziplin, gelang dieser „beseelten Sportlerin“ der Sprung in die Weltspitze, wo sie zu einer der gefürchtetsten Konkurrentinnen der Pechstein, Friesinger und Co. wurde. Zeitweise trainierte Sáblíková auch in der Berliner Trainingsgruppe ihres großen Vorbildes Claudia Pechstein. Als sie jedoch ein Leistungsvermögen erreicht hatte, dass sie in die Weltspitze brachte und damit auch die deutschen Größen wie Pechstein und Anni Friesinger gefährdete, musste sie diese Trainingsgruppe wieder verlassen. In diesem Jahr wurde sie zudem noch Tschechische Radsportmeisterin.
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Olympischer Mehrkampfsieg 1964 vor Larissa Latynina und Polina Astachowa. Vera Caslavsaka gewann dort neben Balken- auch Stufenbarrengold, vor der Berlinerin Birgit Radochla ... |
Diese Entwicklung einer jungen Sportlerin imponierte der einst ebenso vom Gerätturnen beseelten 7-fachen Olympiasiegerin der sechziger Jahre, Věra Čáslavská, so sehr, dass dieses jüngste Zusammentreffen seine im Sport begründeten, emotionalen und ursächlichen Gründe hat.
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Věra Č?slavsk?: ... nach großer sportlicher Karriere in den Sechzigern folgte ein tragisches Familienschicksal ... |
Věra Čáslavská lebte lange Zeit sehr zurückgezogen.
Eine Familientragödie liegt wie ein Schatten auf der Seele der Tschechin, die jahrelang psychologischer Hilfe bedurfte und zeitweilig in einem Seniorenheim für Nervenkranke in Prag lebte.
Der 7. August 1993 wurde für die 7-malige Olympiasiegerin und 4-fache Weltmeisterin zu einem traumaitschen Datum. Ihr Sohn Martin hatte nach einem Streit in einer Diskothek ihren Ex-Ehemann Josef Odlozil mit mehreren Faustschlägen getötet und wurde später wegen Totschlags zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Die Pragerin, einst Beraterin von Präsident Vaclav Havel und NOK-Präsidentin Tschechiens, hat dieses tragische Geschehen nie vollständig verarbeiten können. So war sie den Belastungen als Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees auf Dauer psychisch nicht gewachsen; sie trat zurück.
Vielen ist sie als die olympische "Turnkönigin" von Mexiko 1968 in Erinnerung, wo sie im Mehrkampf, beim Pferdsprung (- vor der Leipzigerin Erika Zuchold), am Stufenbarren (- vor der Berlinerin Karin Janz) und am Boden (- gemeinsam mit Larissa Petrik) siegte und anschließend in der Kathedrale von Mexiko-Stadt den Leichtathleten Josef Odlozil, Olympia-Zweiter 1964 in Tokio über 1500 Meter, heiratete.
Schon ein Jahr zuvor war die populäre Athletin zur "Weltsportlerin des Jahres" gewählt worden, bei einer Abstimmung 2000, in der die größte tschechische Sportpersönlichkeit aller Zeiten gesucht wurde, landete Čáslavská hinter Emil Zatopek auf dem zweiten Platz. Ihre vier Goldmedaillen widmete sie nach der Rückkehr in die Heimat dem reformwilligen und deshalb später entmachteten Alexander Dubcek.
Diese Sympathien für den "Prager Frühling" musste Caslavska teuer bezahlen. Sie durfte sieben Jahre lang nicht als Trainerin arbeiten, und dass sie überhaupt wieder in die Sporthalle zurückkehren konnte, verdankte sie nur einer List:
Tief dekolletiert erschien sie auf einem Empfang des nationalen Sportverbandes und erklärte auf Nachfragen: "Das ist meine Dienstkleidung." Die Funktionäre fürchteten einen Skandal und verschafften der Čáslavská eine Trainerstelle bei Sparta Prag.
* GYMmedia INTERNATIONAL - ehe -
* Informationen/Fotos: Jakub Travnicek, Praha (PROGYM)