Vierländerkampf mit überraschend starken Französinnen

Ausgangssituation
Allen Beteiligten ist klar: Es wird eng für das deutsche Frauenturnen!
Es können 16 bis 18 Mannschaften sein, die sich in drei Wochen zur WM in Anaheim (USA) um eines der begehrten 12 Olympiatickets für die Olympischen Spiele 2004 in Athen bewerben, ja streiten. Zumindest haben 13 Teams in ihren Länderkampfresultaten dieses Jahres bereits 140 Mannschaftspunkte geturnt! Die deutsche Riege kam nur auf 139,375 - das ist nur Platz 16!
Nun sind zwar solche 'strategischen Wertungen' sicherlich mit Vorsicht zu genießen, aber eine gewisse Aussage ist das schon (>> siehe GYMmedia-Länderkampf-Statistik.
Länderkampfgegner Spanien erreichte als drittbeste Nation hinter Vize-Weltmeister USA (151,700) und hinter Weltmeister Rumänien (150,200) stolze 147 Punkte. Zumindest ist damit heute die Favoritenlage überdeutlich!
Frankreich hat immerhin auch schon 144 Punkte erzielt - Bulgarien (141,575) auch schon über zwei Punkte mehr als Deutschland, wird aber die ernsten Ausfälle der beiden verletzten Besten, trotz der erfahrenen Victoria Karpenko, nicht verschmerzen können.
Also kann nur eine enorme Steigerung bis hin zum WM-Podium, verbunden mit einer überdurchschnittlichen Stabilität, das kleine Wunder einer Olympiaqualifikation erbringen.
Dafür galt es in diesem letzten Test ernste Zeichen zu setzen:

2. DURCHGANG:
Deutschland begann am Boden mit Yvonne Musik: Gute dreifache Schraube zu Beginn, zweieinhalb am Ende, dazwischen gefällig, aber technisch nicht überragend, so dass aus 9,7 Ausgangswert am Ende 8,75 Punkte wurden.
In diesem Bereich (gleicher AW) lag auch Birgit Schweigert mit 8,900 Punkten.
Schade, dass Katja Abel bei ihrem schönen und hohen Tsukahara zu Beginn außerhalb der Matte war (8,65).
Auch Lisa Brüggemann trat zweimal über, lag sonst aber im Erwartungsbereich (9,6) und erhielt erstaunliche 8,825 Punkte.
Darija Bijak schien nach verpatztem Balkenabgang mit Wut im Bauch zu turnen: Schwierigste deutsche Übung(9.8 AW) und schöne Steigerung der Mannschaftsleistung.
Camilla Ermert landete den Doppelsalto vw zu Beginn außerhalb; ziemlich gewachsen im letzten Jahr sieht aber ihre gesamte Akrobatik nach Mühe und nicht spritzig genug aus (9,1) 8,00 Punkte.
Janina Jeworutzki bot einen um drei Zehntel höheren Ausgangswert (9,4) als Camilla an und blieb auch hier schon knapp vor der Konkurrentin um den noch offenen Startplatz.
Für Bulgarien glänzte Viktoria Karpenko mit einem 10er-Ausgangswert am Stufenbarren und erhielt 9,40 Punkte. Mannschaftsresultat: 34,65, damit lagen sie auch nach dem zweiten Gerät noch mehr als 1,5 Punkte vor der deutschen Riege.
Spanien erwischte keinen guten Balkendurchgang!
Viele kleine und größere Fehler - noch einiges zu tun in Sachen Stabilität bis zur WM. Trotzdem führt die Riege (34,275) nach 2 Geräten.

Spanisches Temperament am Boden: Lenika de Simona begann sicher (8,575), dann Steigerung bis hin zur amtierenden Weltmeisterin an diesem Gerät, Elena Gomez: Sie begann mit Tsukahara gehockt, dann die Verbindung 2,5-Schraube – Salto vw. mit 1,5-Schraube, dazwischen viele gymnastische Wirbel und Längenachsendrehungen, viel Dynamik, hohe Eleganz… die Dreifachdrehung kippte allerdings ein wenig aus der Achse, dafür dann aber noch Dreifach-Schraube und ein sicherer Doppelsalto gebückt zum Schluss. Ein Highlight des Länderkampfes: 9,55 Punkte, Höchstwertung des Wettkampfes und Führung im Einzelklassement.
Frankreichs Emilie Lepenic zeigte einen Super-Def (!) am Stufenbarren und erzielte mit 9,65 (!) die Länderkampfhöchstwertung! Alle Turnerinnen lassen technisch sauberes Barrenturnen erkennen. Ein starker Durchgang und mit 37,45 das bisher beste Gerätergebnis!! Deutschland pausierte.

Frankreichs Emilie Lepenec – ein kleines, sehr zierliches Mädchen – begeisterte auch mit sicherer Akrobatik am Balken, wie auch das ganze Team sehr geschlossen wirkte, von allen Mannschaften am Balken die wenigsten Fehler machte und mit einem überraschen großen Vorsprung mit 110,200 Punkten vor dem letzten Gerät in Führung lag, vor Spanien mit 107,00 Punkten, dann Deutschland mit 104,40 Punkten, auf Rang vier Bulgarien mit 103,10 Punkten.
Veneta Christowa begann für Bulgarien am Boden: Für ihren Tsukahara gehockt nahm sie noch eine Weichmatte in Anspruch; einige Landeunsicherheiten fogten, der abschließende Doppelsalto gebückt landete in der tiefen Hocke (7,95.)
Ralitsa Rangelowa landet ihre erste Reihe im Sitz, die 2 ½-Schraube gelang gut, die Tempo-Reihe am Ende war aber nicht mehr schwierig genug. Jewgenia Kusnetzowa wählte musikalisch schwermütige Folklore; dazu kräftige Akrobatik – ihr Doppelsalto gebückt, landete weit außerhalb. Viktoria Karpenko – dynamischer Doppeltwist, dann Dreifach-Schraube, noch einmal zweifache Längenachsendrehung und zum Abschluss Doppelsalto rückwärts, gebückt.; (AW 9,4) 8,875.

Frankreich zum Schluss am Boden: Wie überall, die Französinnen haben das technisch ausgereifteste Team dieses Länderkampfes; dies fällt besonders am Boden auf, wo sie die dynamischste Akrobatik boten. Auch figürlich sind alle Mädchen relativ klein und zierlich, nur Nelly Ramassamy mit über 20 Jahren fällt da ein wenig - aber keineswegs negativ - aus diesem französischen Gardemaß heraus; dafür spricht sie mit mehr choreographischer Reife und weiblichem Charme an, und glänzt mit enormen Sprunghöhen. Die Französinnen verlieren dieses einzige Gerät aber doch an die spanische Nation mit der Bodenweltmeisterin Elena Gomez.

Die ist dann auch letzte Turnerin für Spanien am Sprunggerät und sichert dort mit 9,25 Punkten ein Mehrkampfresultat von 37,575 ab und wird verdiente Einzel-Mehrkampfsiegerin in diesem Vierländerkampf.

R E S U L T S :
Vier-Länderkampf, Gerätturnen Frauen, Elite
GER - FRA - ESP - BUL
Dresden, 27-Juli-2003

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