07. Dezember 2006
Wien / Österreich
Gerätturnen
Carina Hasenöhrl: Die Situation nach dem Unfall.
Carina Hasenöhrl (18), Österreichs beste Kunstturnerin der letzten Jahre, hatte am 7. November in Holland einen gravierenden Trainingsunfall, der in all seiner Schwere erst zehn Tage später korrekt diagnostiziert worden war (>> ...siehe auch
GYMmedia-Meldung vom 18.11.):
Vierter Halswirbel gebrochen, dritter verschoben, nur mit sehr viel Glück einer Querschnittlähmung entgangen.
Carina Hasenöhrl: Die Situation nach dem Unfall.
Seit 17. November trägt Hasenöhrl eine operativ an der Schädeldecke vierfach verschraubte „Crutchfield Extension“ („stählerne Dornenkrone“), die den Hals dadurch ruhig stellt, dass der Kopf von den Schultern weg gezogen wird.
ÖFT-Pressechef Mag. Robert LABNER führte mit ihr ein Interview...:
Am Tag nach der Operation war Hasenöhrl in einer „Jetzt erst recht“-Erstreaktion bemüht gewesen, überwiegend positive Stimmung zu verbreiten.
Heute, vier Wochen nach dem Unfall, hat diese Haltung einem nüchternen Realismus Platz gemacht.
Die am häufigsten gestellten Fragen beantwortet die weiterhin in Holland verbleibende Turnerin nunmehr wie folgt:
R. Labner: Wie geht es dir jetzt ? Was hat sich im Lauf der letzten Woche physisch verändert ?
Carina HASENÖHRL: -- „Wie geht es mir ? Gute Frage... im Moment gut. Aber das kann sich ganz schnell wieder ändern. Ich erlebe zur Zeit Berg- und Talfahrten der Gefühle und Gedanken. Ich hab mich mittlerweile ein bisschen an das Gestell an meinem Kopf gewöhnt, zumindest so weit, dass ich es ‚ausblenden’ kann, wenn ich mich auf etwas anderes konzentriere...
Aber wenn ich mich dann bewege, wird mir schlagartig wieder bewusst, wie viele Kilos das Ding ist.
So auch gestern. Da habe ich nämlich mit dem Ergometertraining begonnen. Heute muss ich mich nicht nur dauernd an den ungewohnten Sattel erinnern ; ich muss auch zur Kenntnis nehmen, dass der gebrochene Wirbel noch geschont werden will. Und dann tun mir auch Daumen und Handgelenk des rechten Arms noch etwas weh. Die Nerven haben sich noch nicht ganz erholt und neulich hab ich entdeckt, dass ich auch taube Stellen im Schulterbereich habe. Meine Rückenmuskeln haben sich noch nicht an das zusätzliche Gewicht gewöhnt und schmerzen dementsprechend. Doch alle diese ‚Begleiterscheinungen’ sind nichts gegen das Justieren der Schrauben am Kopf. Das war das weitaus unangenehmste Erlebnis der letzten Woche. Leider wird sich das noch ein paar Mal - genau genommen jeden Freitag - wiederholen. Aber ich will mich nicht über Schmerzen beklagen: es wäre ja um ein Haar passiert, dass ich gar nichts mehr spüre....“
R. Labner: Was geht in dir vor ? Worüber denkst du hauptsächlich nach? Worauf hoffst du ?
Carina: -- „Ob ich jemals wieder leistungsmäßig turnen kann, steht derzeit noch in den Sternen. Die Chancen stehen zwar laut Ärzten gut; der Wirbelbruch wird wieder heilen. Ob sich aber das Rückenmark auch wieder ganz erholen wird, kann man nicht vorher sagen“.
R. Labner: Was sind deine nächsten konkreten Ziele ?
Carina: -- „Ich konzentriere mich im Moment hauptsächlich auf die Schule, damit ich so viele Prüfungen wie möglich vor den Weihnachtsferien abschließen kann. Dann gönne ich mir einen etwas längeren Urlaub zu Hause in Kärnten“.
(Anm.: Hasenöhrl steht mitten in der holländischen Matura, die im Gegensatz zu Österreich die notwendigen Prüfungen über einen längeren Zeitraum aufteilt. Die Hälfte der Maturaprüfungen hat Hasenöhrl bereits positiv absolviert).
R. Labner: Hast du Erinnerungen an den Unfall ? Was ist da exakt geschehen ?
Carina: -- „Der Unfall ist am 7. November um ca. 16.40 Uhr passiert. Ich habe Überschlag-Doppelsalto vorwärts mit Hilfestellung am Boden trainiert. Vier Mal ist es gut gegangen, beim fünften Mal bin ich falsch abgesprungen und einen Bruchteil einer Sekunde später am Boden gelegen und mir hat alles weh getan. Ich hab realisiert, dass ich gerade massiv auf den Kopf gefallen bin und war in panischer Angst, ‚ob eh noch alles funktioniert’. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich genau gelandet bin; laut Augenzeugen hat es mir den Kopf nach links verdreht und ich habe mich über die rechte Schulter abgerollt. Meine persönliche Empfindung war aber eher als ob ich ‚ungespitzt auf dem Erdboden’ eingeschlagen hätte“.
Mit freundlicher Genehmigung des ÖFT, Wien