25. März 2021  
Chemnitz, GER  
Gerätturnen

Lucia Meyer: "Ich will, dass man auch auf uns hört!"

Aus allen Worten der 15-jährigen Lucia MEYER sprechen Leidenschaft für ihre Sportart, Begeisterung für den Leistungssport, und der unbedingte Wille, sich für ihre Trainerin einzusetzen! "Ich habe das Gefühl, dass es Leute gibt, die glauben, dass wir keine eigene Meinung haben, weil sie uns vielleicht abwertend als 'minderjährig' bezeichnen, aber minderbemittelt sind wir nicht. Seit 10 Jahren gehe ich schon in diese Chemnitzer Halle zum Turntraining. Seit 3 Jahren bin ich bei meiner Trainerin Gabriele Frehse in der Trainingsgruppe. Ich bin Leistungssportlerin und weiß genau, was ich will! Aber nichts von dem, was meiner Trainerin vorgeworfen wird, kann ich bestätigen. Wir wollen unsere Trainerin zurück, weil wir unseren Traum von Olympia nur mit ihr schaffen können!"

Lucia MEYER mit Trainerin Gabi Frehse bei ihrem Lieblingsflug vom unteren zum oberen Holm, dem "Schaposchnikowa".

Lucia Meyer: zweimalige Jugendmeisterin Balken (2018, 2019) - gestürzt 2020!


* Lucia - Deutsche Altersklassenmeisterin am Boden (2018)

Ja, Träume hat sie schon, die sie unbedingt auch verwirklichen will, auch wenn derzeit in ihrem Chemnitzer Stützpunkt aber nun überhaupt nichts mehr stimmt. Ihr Training läuft zur Zeit wegen einer Rückenverletzung ein wenig reduziert
"Was momentan mit meiner Trainerin passiert, ist furchtbar, wir leiden alle mit. Aber gerade jetzt müssen wir zu ihr halten, dürfen nicht aufgeben. Wenn wir das nicht tun, dann schafft sie das auch nicht. Alle in meiner Trainingsgruppe sagen das. Wir brauchen sie, weil sie genau weiß, was sie uns zumuten kann, und was nicht. Es ist zwar schon eine große Hilfe, wenn Frau Schunk ab und zu einspringt und uns unterstützt, das wissen wir sehr zu schätzen. Aber niemand kann uns Gabi ersetzen, da sie uns in- und auswendig kennt, und weiß, wie sie uns anzusprechen hat!"
Vor allem aber braucht Lucia jetzt jene die Erwachsenen, die auch bisher für die Superbedingungen, die sie hier in Chemnitz vorfindet, gesorgt haben, und das schließt unbedingt ihre Trainerin, Gabriele Frehse ein, die schließlich über vier Jahrzehnte diese Struktur maßgeblich und sehr erfolgreich aufgebaut hat. Alle wollten mal eben gerade an diesen Stützpunkt, weil hier anspruchsvoller Spitzensport betrieben wird! Das soll plötzlich alles nicht mehr stimmen ...?

Und dann erzählte Lucia, wie ganz besonders und gerade sie von den Anschuldigungen gegen ihre Trainerin direkt und schmerzhaft betroffen war: "Es war kurz vor Abreise nach Berkheim, zu den letzten Deutschen Jugendmeisterschaften, Ende November. Ich habe noch zu Hause am Abend zuvor über Instagram gelesen, was über die Medien kam und dass unsere Trainerin gesperrt sein soll, und die Wettkampfhalle nicht betreten darf. Sie soll es über Telefon im Auto, kurz vor Eintreffen am Wettkampfort erfahren haben. Ich war fassungslos, habe erstmal geheult ... total frustriert ... wie soll das jetzt gehen ...?! Wo doch die Gabi am besten weiß, wie sie uns, wie sie mir die Sicherheit gibt, auch wenn wir mal Angst haben, am Gerät, ob wir alles schaffen ... sie kann es am besten, mich zu motivieren, mich zu überwinden, und die Sicherheit kriege, dass ich es kann! Übrigens weiß sie soviel über jede Einzelne, was sie uns zumuten kann und was nicht! Nein, Druck ist das nicht, es ist mehr Ansporn: 'Du kannst das ...!' Gabi hat uns nie Dinge machen lassen, wenn sie nicht genau wüsste, dass wir das auch relisieren können. Klar hat sie manchmal einen strengen Ton - aber den gibt's zu Hause manchmal auch. Hey, wir sind im Leistungssport!
Ja, und dann, da fehlte sie einfach bei den Deutschen...! Ich war so 'was von verunsichert, unkonzentriert ohne sie - und prompt passierte es: Ungenaue Landung nach einem Salto auf dem Schwebebalken ... Bruch des Mittelfußes, das war's.!"

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(*ANMERKUNG: Der Deutsche Turner-Bund hatte nach Erscheinen des anschuldigenden SPIEGEL-Artikels in Person der Generalsekretärin Michaela RÖHRBEIN stehenden Fußes ein Hallenverbot per Telefon über den Vereinsvorsitzenden mitteilen lassen, welches Trainerin Gabriele Frehse im Auto kurz vor dem Eintreffen im Wettkampfort erreichte. Beispiellose "psychologische Meisterleistung" eines Spitzensportverbandes!!)


"Ich bin nun schon 10 Jahre in dieser Turnhalle, aber so 'was, was ich jetzt über meine Trainerin höre, was andere vielleicht so empfunden haben mögen, das kann ich nicht nachvollziehen, so 'was habe ich nie erlebt und unter irgend welchen Druck gesetzt, wurde ich auch nicht.
Klar, wer macht schon gerne Athletik, aber schon längst weiß ich, dass es etwas bringt, dass man als Leistungssportler über den Dingen stehen muss, aber überfordert, werden wir nicht. Ich habe natürlich auch manchmal Schiss, so vor ein paar Dingen, am Barren z. B., momentan vor Riesenfelge - 1/2-Drehung,  aber genau da weiß Gabi, wie sie mich packen kann, dass ich das überwinde.
Und was meine Eltern betrifft: Wir sprechen über alles und sie sagen, wenn es irgendwie nicht mehr geht, dann geht es eben nicht mehr, es wäre in jedem Falle meine Entscheidung. Aber gerade jetzt ans Aufhören denken, das geht ja nun gar nicht: Auch ich will gerade jetzt weiter kämpfen, gerade weil meine Trainerin in solchen Schwierigkeiten steckt."

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Und zum Schluss: "Ich wünsche mir sehr, dass die Erwachsenen uns nicht nur zuhören, sondern dass wir auch wirklich gehört und verstanden werden: Wir sind Leistungssportlerinnen, wir haben Olympia als großes Ziel, wir glauben, bei einer der besten Trainerinnen zu trainieren, die wir in Deutschland haben. Wir verstehen die Gründe nicht, warum sie uns nicht mehr zur Verfügung stehen soll. Wir wollen einfach unsere Trainerin zurück!"
* Lucia MEYER, Turnerin
  TuS Chemnitz-Altendorf; mehrf. Deutsche Jugendmeisterin
   im Gespräch mit Eckhard Herholz
   (GYMmedia)

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