Bis vor 20 Jahren und einem Tag wäre es schier unmöglich gewesen, dass Unbefugte oder Ausländer überhaupt einen Schritt auf das Terrain der damaligen 'Sportschule der DDR" in Kienbaum gesetzt hätten.
Daran erinnerte Berlins Turnpräsident Frank Ebel heute zur Eröffnung des I. Internationalen Turn-Trainingscamps für gehandicapte Sportler in Deutschland das vom Britischen Turnverband organisiert und von Gästen aus Belgien, Norwegen, den Niederlanden genutzt wird.
<< Deutschlands Ex-Turner der Nationalmannschaft, Ronny Ziesmer, (Foto: Lehrgangseröffnung) unterstützt die britischen Bemühungen und Konzepte, Turnen und Gymnastik auch für Behinderte als Wettkampfmöglichkeit anzubieten und eröffnete heute den Lehrgang in jener Halle, wo vor über 5 Jahren sein schrecklicher Unfall geschah...
In beispielhafter Weise unterstützt das 'Branchenmanagement Behindertenfahrzeuge der Daimler AG diesen Lehrgang und übernimmt den gesamten Bustransfer dieser Lehrgangswoche
Das Bundesleistungszentrum Kienbaum bietet den britischen Gästen moderne Unterkünfte, Best-Bedingungen, rund um die Uhr |
Disability Gymnastics International Training Camp - Kienbaum, 8. - 14. November 2009
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Obwohl die Briten schon zwei Jahrzehnte Erfahrungen damit haben, wie man Turnen und Gymnastik als Wettkampfsport trainieren und national strukturiert auch für behinderte Sportler anbieten kann, und obwohl sie bereits durch zwei Vorgängercamps in Südafrika und 2008 in Spanien (Gran Canaria) internationale Aufmerksamkeit erzeugt haben, ist dieses erste Trainingslager auf deutschem Boden von besonderer Bedeutung:
Gelingt es, den größten Turnverband der Welt, den Deutschen Turner-Bund mit seinen über 5,1 Millionen Mitgliedern und der faszinierenden Struktur von ca. 20.000 Vereinen mit der Idee "zu infizieren", dass man auch mit Gehandicapten anspruchsvolles Trainieren in den olympischen Disziplinen in Wettkämpfen gipfeln lassen kann, dann eröffnen sich auch mittelfristig weitere internationale Perspektiven:
Noch immer gibt es von der ältesten olympischen Disziplin, dem Turnen, weder eine paralympische noch anderweitige "Special-Olympics"-Entsprechung.
Ronny Ziesmer begrüßte als Partner der britischen Bemühungen für Behinderten-Sportler die Delegation und eröffnete den Lehrgang |
Ronny, beeindruckt von der Arbeit 'am Mann' |
"Gerade dieser Aspekt hat mich dazu gebracht, die britischen Ideen zu unterstützen, und ihre Programme zu internationalisieren", so Ronny Ziesmer als Schirmherr der Aktion auf deutschem Boden, "... denn gerade weil ich im Rollstuhl sitze, weiß ich, was körperliche Einschränkungen bedeuten, und was selbst kleine Fortschritte an Beweglichkeit, Koordination oder Kraft bedeuten können. Und mindestens genauso wichtig ist der psychlogische Faktor, etwas zu können, mehr zu können, als wenn man nichts tut. Was ist da besser geeignet, als die vielseitige Herausforderung durch die Turngeräte!"
Gerätturnen, Trampolin und Rhythmische Gymnastik sind derart komplex und gleichzeitig so variierbar, dass sie unendliche Möglichkeiten bieten, in Niveaustufen den unterschiedlichsten Behinderungen anzupassen.
Das bedarf allerdings auch eines anspruchsvollen Aufwands!
<< Ganz im Sinne des deutschen Turnvaters Jahn, der einst den Schwebebaum unweit Kienbaums in der Berliner Hasenheide (1811) als Mittel der Gleichwichtsschulung benutzte, dient auch der moderne Schwebalken den Mädchen mit unterschiedlichsten Handicaps (siehe Foto), ihre Defizite durch gezieltes Training abzubauen und vor allem auch Selbstbewusstes Auftreten zu schulen, um körperliche und geistige Überpotenziale zu schaffen.
Altersklassen- und handicapgerechte Wettkampfformen bilden da gute Herausforderungen. Es gibt schon längst Britische Landesmeisterschaften der Behinderten-Turnerinnen und -Turner - Erfahrungen, die man gern interessierten Landesverbänden zur Verfügung stellt!
Natürlich bedarf es eines höheren personellen Aufwandes und einfühlsamer pädagogischer und traininsmethodischer Führung, um differenziertes Training mit den Sportlern wirkungsvoll und vielfältig an den Wettkampfgeräten durchzuführen.
So stehen auch die Trainer Andy Shard (re.) und Neil Roberts dem 23-jährigen Lee DAVIDSON beim Handstand am Tiefbarren zur Verfügung (Foto, re.), der durchaus als sportliche Zielgröße auch eine absolute Herausforderung für die meisten der "Normal"bürger ist, ganz zu schweigen von den immer bedrohlicher werdenden derzeitigen körperlichen Defiziten junger Leute in der modernen, bewegungsarmen Alltagswelt!
Eine besondere Rolle für die koordinativen Fähigkeiten kommt dabei dem Trampolinturnen zu:
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Für diesen Teil des Trainingslagers ermöglichte die Fa. Eurotramp aus Weilheim-Teck - deren Hightech-Geräte in dieser Woche gerade bei den Trampolin-Weltmeisterschaften in St. Petersburg stehen - den Einsatz von Trampolingeräten auch in Kienbaum.
Der Berliner Trampolin-Experte Uwe Wochnowski (Mitte) (Berlin-Köpenik), unterstützt hier den britischen Coach Paul Coates beim Longen-Training mit einer britischen Sportlerin, die sich nachfolgend an Salti versucht.
Wichtig für den einfühlsamen Trainingsprozess ist auch das Vermeiden von Misserfolgserlebnissen, das Schaffen von Erfolg, das persönlich Überwinden von Schierigkeiten und der Erwerb von koordinativen Fähigkeiten der Orientierung im Raum.
... eine Woche intesivstes Trainieren steht vor den internationalen Gästen aus Großbritannien, aus Belgien, Norwegen und den Niederlanden, die sie unter den logistisch ausgezeichneten Bedingungen des deutschen Bundesleistungszentrums Kienbaum optimal nutzen wollen. |
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<< Als äußerst interessierter Konsultant extra angereist war zur heutigen Lehrgangseröffnung der renommierte Mediziner und ärztliche Leiter des Unfallkrankenhauses Berlin. Prof. Dr. med. Walter SCHAFFARTZIK (re.), der sich hier im fachlichen Gespräch mit Ronny ZIESMER über die vielfältigen Möglichkeiten informierte, die sich durch die Nutzung der Varianten der Turn- und Gymnastikdisziplinen für gezielte Förderung und sportliche Forderung Gehandicapter ergeben.
Noch im November 2009 soll Ronny Ziesmer in Kooperation mit dem "ukb" die Teilnehmer des 6. Sportsymposiums Hochleistungssport in Berliner Paul-Löbe-Haus über Inhalte und Ergebnisse dieses Lehrganges informieren.
Noch in dieser Woche werden der Vizepräsident des DOSB, Herr Eberhard GIENGER sowie die für Turnen und Trampolin verantwortliche neue DTB-Referentin Frau Ann-Katrin KNITTEL bei den Lehrgangsteilnehmern in Kienbaum zu Konsultationen und Kontaktaufnahmen erwartet.
* E. Herholz; GYMmedia INTERNATIONAL
** ... siehe auch >> GYMmedia-Vorschaubericht: Ankunft der Gäste