02. September 2025  
Frankfurt / Main  
Gerätturnen

Willi Jaschek zum 85. Geburtstag

"Auch Helden werden älter!"
<< Willi JASCHEK, der bei den Olympischen Spielen von Mexiko-City 1968 zu zeitloser Berühmtheit kam und als "Held von Mexiko" in die Sportgeschichtsbücher einging, und eine der herausragenden Persönlichkeiten der deutschen und internationalen Turngeschichte ist, begeht am heutigen 2. September seinen 85. Geburtstag. "Im Zustand zufriedenstellender Gesundheit", wie er sich diplomatisch ausdrückte, musste er allerdings mit Schmerzen den beabsichtigten Rückzug seiner "Frankfurter Eintracht" aus der 1. Kunstturnliga zum Ende der aktuellen Saison feststellen: "Wenn man die ungeheuren Summen, die im Fußball für Einzelpersonen hin- und her geschoben werden betrachtet, ist es schon traurig, dass wegen 'finanzieller Probleme' in der zweitgrößten Sportart nicht einmal ein normaler Wettkampfbetrieb einer ganzen Mannschaft im reichen Deutschland aufrecht erhalten werden kann...!! - so der Ex-Internationale Jaschek verbittert und enttäuscht!
Der deutsche Kunstturner Willi Jaschek war zwischen 1962 und 1970 in der Bundesrepublik Deutschland vierfacher Zwölfkampfmeister und errang je zwei Titel am Pauschenpferd, an den Ringen und am Barren. Insgesamt gewann er 32 Medaillen bei Deutschen Meisterschaften. Für den Deutschen Turner-Bund (DTB) bestritt er 31 A-Länderkämpfe. Mit der TSV Heusenstamm wurde er 1965 deutscher Mannschaftsmeister.
Willi Jaschek  nahm an drei Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen 1964 in Tokio und 1968 in Mexiko teil. Bei seiner Olympiateilnahme vor 57 Jahren im Olympiakampf von Mexiko-City zeigte er nach Achillessehnenriß am ersten Wettkampfgerät Boden einen derartigen kämpferischen Einsatz - turnte trotz Handicaps, außer Sprung, alles mit schmerzhaften Einbein-Landungen durch - und wurde vom damaligen Trainer Eduard Friedrich zuletzt nach Doppelsalto-Reckabgang schützend aufgefangen ... und errang als „Held von Mexiko“ Berühmtheit, die bis heute unvergessen geblieben ist.
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♦ Der 4-malige bundesdeutsche Ex-Mehrkampfmeister Willi JASCHEK kam im 1968'er Olympiakampf zu zeitloser Berühmtheit als der "Held von Mexiko":
"Ja, das war am ersten Gerät, bei meiner ersten Übung am Boden, nach Flickflack- 1/2-Drehung zum Liegestütz, dann Rondat und Salto rw. gestr. mit 1/1-Drehung - da knallte es - Achillessehne war gerissen! Was tun, lange überlegen, konnte ich da nicht ... hatte aber auch keine Alternative: Abtreten ...? Das wären dann nur 2 Punkte gewesen und hätte gnadenlosen Absturz unseres Teams bedeutet. Ich machte also instinktiv weiter. Frag' mich nicht, wie das ging, das war wohl so 'was wie ein Adrenalinschub - so, wie es jetzt vor zwei Jahren wohl auch Andreas Toba in Rio ergangen sein musste ...!
Pauschenpferd ging dann noch ziemlich gut, weil die Landung nicht so belastete. Und Ringe, da fing mich Trainer Eduard Friedrich bei meiner Ein-Beinlandung ebenso sicherheitshalber ab, wie auch bei den nachfolgenden Abgängen an Barren nach der Luftrolle und Reck nach Doppelsalto als Abgang. Tja, und davor Sprung: Da musste ich wenigstens antreten, den Arm heben, um mich anzumelden, bekam dafür 0 Punkte, blieb aber damit für Barren und Reck in der Mannschaft. Ich weiß noch, dass der Schweizer Teamchef Jack Günthardt Protest eingelegt hatte, wegen der Hilfeleistung bei meinen Einbeinlandungen."


Das Wettkampfgericht aber bewies Größe ob der vom Publikum lautstark begleiteten Willensleistung und wies den Einspruch damals zum Glück ab! "So sind wir als Mannschaft dann doch noch auf Rang 8 unter den Top-Ten geblieben!" - erinnert sich der außergewöhnliche Kämpfer rückblickend.

Willi Jaschek (2. von re.) beim Traditionstreffen deutscher Auswahlturner 2009 in Freyburg, im Gespräch mit Peter Weber, Günter Lyhs (re.), Phillip Fürst und Günther Jacoby

Doch vor einigen Jahren bahnten sich dort nach Entlassung des hauptamtlichen Trainers Julian Olariu einige Probleme an. Aber so einer, wie Willi Jaschek ließ sich jedoch nicht entmutigen: Wenn die kunstturnerischen Traditionen dort eben nicht fortgesetzt wurden, wo seine Wurzeln liegen, plante er dafür mit seinen Mitstreitern die Gründung eines neuen Vereins.
So ein beseelter Kämpfer, wie der Willi, der gibt eben nicht auf!
Seit dem Streit vor 15 Jahren wegen der o. g. Traineranstellung wechselte Jaschek schließlich zur Eintracht Frankfurt. Dort kämpfte man nach dem Abstieg in die 3. Liga (2016) konsequent und erfolgreich wieder um den Aufstieg über die zweite (2017), nun in die 1. Bundesliga (2019), was bei dem Status des Kunstturnens in einem eher fußball-orientierten Verein absolut nicht das Einfachste war und ist, was aber insbesondere Willi Jaschek stets anspornte, ausdauernd an der Verbesserung der finanziellen Situation des 4.000-Mitgliedervereins für das Turnen zu arbeiten. Wer den Ex-Nationalturner kennt weiß, der hatte immer Visionen von einem modernen Leistungszentrum, das den Anforderungen des Kunstturnens nach internationalem Maße gerecht würde. Früher, ja früher, da war die Eintracht auch im Kunstturnen mal ein Spitzenverein ... die aktuelle Rückzugsabsicht nach Ende der Erst-Bundesligasaison 2025  "seiner Eintracht" schmerzt den Ex-Athleten Jachek ungemein!
Über eine Rückkehr zu seinem ehemaligen Stammverein TSV Heusenstamm hatte er zwischenzeitlich auch schon mal  nachgedacht, seit seiner Abkehr 2010 nach 54 Jahren Mitgliedschaft. Ein aktuelles Thema ist das allerdings aktuell schon längst nicht mehr!
Mehr Sorgen machte sich der Gerätefachwart des Hessischen Turnverband auch um den wahrscheinlichen Absturz des deutschen Turnens auf internationaler Ebene, insbesondere schon seit Rio de Janeiro 2016, als die Leistungsgeneration eines Fabian Hambüchens langsam auszulaufen begann: "Um dieses Loch zu schließen, benötigt der DTB größere finanzielle Unterstützung von der Politik und der Wirtschaft, um endlich Top-Athleten, Landes- und Verbands-Trainer besser zu bezahlen sowie die Trainerausbildung zu verbessern“,- forderte er damals. Aber auch einer, der's genau weiß, wirkt leider nur wie ein Rufer in der Wüste, wenn auch seine "Eintracht" damals wieder nationale Erstklassigkeit besaß und junge Leuten durchaus engagiert und hoffnungsvoll agierten!
Zur 80'er-Geburtstagsrunde im Schlosshotel kamen auch Ex-Reckweltmeister Eberhard Gienger (MdB)

... sowie auch Wolfgang Dreyer, Werner Becker und Winfried Glaser, mit denen Jaschek in der Mannschaft der TSV Heusenstamm 1965 Deutscher Vereinsmeister wurde. Von diesem Team fehlten Rainer Dick und der Hausener Gerhard Hofmann, die bereits verstorben sind.

Die heutige 85'er Geburtstagsrunde gestaltet der Turn-Senior mit einem Geburtstagsdinner im kleineren und engeren Familienkreis.
Vor 5 Jahren noch als Mitglied einer dreiköpfigen Mannschaftsleitung bereitete er das Männer-Team von Eintracht Frankfurt als Aufsteiger aus der 2. Bundesliga Nord auf die ab Oktober 2020 anstehenden Wettkämpfe in der Ersten Deutschen Turnliga vor...
... aber das ist nun trauriger Weise bald Geschichte.
Doch der "Held von Mexiko" 1968 hat in Herzen und Hirner vieler Sportbegeisterter weiterhin Bestand!

* Auch der DOSB würdigt den Lebensweg des leidenschaftlichen Kunstturners im heutigen Beitrag:
Willi JASCHEK, der "Held von Mexiko" wird 80
* GYMmedia INTERNATIONAL / E. Herholz