Wolfgang Thüne, |
Der Ex-Vize-Weltmeister am Reck von 1974, Wolfgang Thüne, feiert am heutigen 8. Oktober seinen 70. Geburtstag. Im thüringischen Heiligenstadt (Obereichsfeld) geboren, begann er bei der dortigen "BSG Fortschritt" mit dem Turnen, und ging im DDR-Sportfördersystem den Weg über die Kinder- und Jugendsportschule Bad Blankenburg zum damals führenden Armee-Sport-Klub ASK 'Vorwärts' Potsdam, wo er sich zu einem der weltbesten Turner entwickelte und in der olympischen Bronzeriege der DDR 1972 in München stand, 1974 in einem legendären WM-Reckfinale mit drei deutschen Turnern hinter Weltmeister Eberhard Gienger (BRD) Vize-Champion wurde, wo auch sein einstiger Potsdamer Klubkollege Bernd Jäger als Sechster den legendären "Jägersalto" kreierte ...
Seine "Republikflucht" ein Jahr später, bei den Europameisterschaften im Schweizerischen Bern (1975), erregte damals die Gemüter in Ost und West ....
Wolfgang THÜNE - einer der weltbesten Reckvirtuosen der 70'er Jahre
Foto: Herbert Lachmann/Archiv GYMmedia
Wolfgang THÜNE gewann mit der Mannschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München eine Bronzemedaille im Mannschaftsmehrkampf. Im Einzelmehrkampf kam er bei diesen Spielen erstmals unter die weltbesten Top-Ten (9.), war dort zugleich zweitbester Deutscher: Sprung-Olympiasieger Klaus Köste wurde 6. des 12-Kampfes.
Training mit seinem Coach Richard Karstedt |
Zwei Jahre zuvor hatte Wolfgang Thüne als 21-Jähriger zur WM in Ljubljana bereits Team-Bronze mt der DDR-Mannschaft gewonnen und wurde als 16. des Mehrkampfes notiert.
Noch einmal Mannschaftsbronze zur WM 1974 in Warna (Bulgarien), gelang ihm dort auch sein größter Einzelerfolg, der Vize-Weltmeistertitel am Reck, hinter dem bundesdeutschen Reck-Weltmeister Eberhard Gienger. Am gleichen Gerät hatte er ein Jahr zuvor bei den Europameisterschaften 1973 in Grenoble hinter den Europameistern Gienger und Köste den dritten Platz belegt - drei Deutsche also einer damals "geteilten Welt" auf dem Siegerpodest.
Bei den Deutschen Meisterschaften der DDR wurde der Schützling des Potsdamer Trainers Richard Karstedt 1974 Mehrkampfmeister, sowie 3x Champion am Pauschenpferd (1969, 1973, 1974), 2x an den Ringen (1973, 1974) sowie 1974 am Reck - also insgesamt 10-maliger Deutscher Landesmeister.
Wolfgang Thüne in NVA-Uniform Anfang der 70'er Jahre bei einem Verbandstag in Rostock |
Wolfgang Thüne, der in der DDR beruflich als Offizier der Nationalen Volksarmee tätig war, floh mit Unterstützung durch den Reck-Weltmeister von 1974, Eberhard Gienger, am 2. Juni 1975 während der Europameisterschaft in Bern in die Bundesrepublik Deutschland.
** ... siehe auch:
> Spiegel Online: Eberhard Gienger als Fluchthelfer Artikel vom 28. 10. 1999
... oder in der Berner Zeitung vom 28. Mai 2016: > Die Berner Flucht
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Diese "Republikflucht" eines prominenten Sportlers, zudem noch eines Offiziers der Nationalen Volksarmee (NVA) im Range eines Leutnants, erregte in West wie Ost damals die Gemüter und hatte für einige in der DDR ihre besonderen Folgen: So verlor der damalige Cheftrainer Rolf Bauch seinen Job beim Armee-Sportklub in Potsdam. Erst nach der Wende gelang es beiden Seiten jedoch menschlich wieder, sich im vertrauensvollen Gespräch zu nähern.
1974 die Nr. 1 in der DDR: Sieger Wolfgang Thüne, 1974 beim DTV-Pokal in Dessau, |
Thüne, 1974 in Warna, bei seinem größten Erfolg: Vize-Weltmeister am Reck! |
In der Bundesrepublik schloss sich Wolfgang Thüne dem Verein Bayer 04 Leverkusen an und wurde 1977 noch einmal Deutscher Meister (BRD) im Mehrkampf, am Pauschenpferd und im Pferdsprung.
Seine persönliche, sportliche Bilanz in deutsch/deutscher Addition ist also: dreimaliger Mehrkampf- und 10-maliger Gerätemeister.
Nach den Ende seiner aktiven Laufbahn wirkte er 23 Jahre lang in Leverkusen als Kunstturntrainer.
** ... siehe auch ein Interview mit Wolfgang Thüne (Mittelhessen,Okt. 2008).
Seit 2004 lebte Wolfgang Thüne lange Zeit in Wetzlar, war dort vom Kultusministerium Hessen als Trainer für Talentesuche und -sichtung im Turnen angestellt und arbeitete im Hessischen Leistungszentrum, dort wo auch Fabian Hambüchen von seinem Vater Wolfgang trainiert hatte, der einst selbst einmal als Bundesligaturner von Wolfgang Thüne betreut wurde.
Jetzt ist er wieder zu Hause wieder in Wermelskirchen. Bei Projekttagen „der Grundrechte-Arena“ tritt er des öfteren noch vor Schülern auf und spricht in Zeitzeugen-Programmen über seinen besonderen deutsch/deutschen Weg als Ex-Leistungssportler in unterschiedlichen politischen Systemen.
* (C) E. Herholz / GYMmedia INTERNATIONAL